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Späte Junkerstypen (1933 bis 1939)

Mit dem "Zwitter" Ju 86 beginnt eine unheilvolle Entwicklung

Bei dieser halbzivilen Ju 86 sieht man schön den Zwitter-Charakter der militärischen Variante. Das dunkle Abdeckblech auf dem Rumpfrücken ist für den Schützenstand, so daß das Flugzeug schnell in einen Bomber umgerüstet werden konnte.

Umbau von zivilen Ju 86 in Bomber für die schwedische Luftarmee.

Die Schweiz kaufte 1937 zwei zivile Ju 86. Die Passagiere mußten sich ganz schön bücken, um durch die Einstiegstür ins Innere zu gelangen. Dennoch war die zivile Ju 86 geradezu ein Raumwunder gegen die zivile He 111, bei der der Flügelholm die Kabine zerteilte.

 

Junkers-Generaldirektor Heinrich Koppenberg hatte eine eigene Ju 86 mit Kennung D-AKOP, mit der er schnell zu Besprechungen von Dessau nach Berlin in knapp 30 Minuten fliegen konnte.

 

Durch die zwangsweise Übernahme des Junkerskonzerns durch den kriminellen faschistischen deutschen Staat unter der Leitungs von Reichskommissar Dr. Heinrich Koppenberg, einem energischen Stahlwerke-Direktor des Flick-Konzerns, begann ab Herbst 1933 die verdeckte Aufrüstung in der Flugzeugindustrie. Junkers hatte in Europa die größte Belegschaft, die besten Facharbeiter und die meisten Ingenieure. Nur deshalb drang die deutsche "Regierung" so zielstrebig auf die Entmachtung von Prof. Hugo Junkers. Wer Junkers kontrollierte, kontrollierte die deutsche Flugzeugindustrie.

Schon lange vor der Machtübergabe an die Nazis durch den deutschen Finanzadel geschah verdeckte Aufrüstung, so im Verkehrsministerium, in der Deutschen Lufthansa und in der industriellen Selbstverwaltung der deutschen Luftfahrtindustrie. Unmittelbar nach dem Machtantritt der Nazis am 30. Januar 1933 gingen Absprachen und geheime Entwicklungsaufträge an die verschiedenen Flugzeugfirmen. Nur Hugo Junkers und Claude Dornier ließen mit sich nicht umspringen. Die anderen, allen voran Heinkel und Messerschmitt, liebedienerten um Aufträge der Militärs. Daß militärische Aufträge 1933 noch nicht offen ausgesprochen werden durften, war denen klar, und so entwickelten sie eine Bf 108 und Bf 109 oder die He 111 doppelgleisig. Bei Junkers dagegen mußte erst der alte Starrkopp beseitigt werden.

Nachdem Deutschland 1934 alle internationalen Abmachungen und Verträge einseitig gebrochen hatte, konnte die Notenpresse angeworfen und schamlos Militäraufträge ausgesprochen werden. Jeder wußte, der es wissen wollte, wie Deutschland die Arbeitslosigkeit beseitigt hatte und wieso die Wirtschaft auf einmal brummte. Im Prinzip war das bei Junkers auch allen Entscheidern klar. Während ein Teil der Junkers-Elite aus Angst mitmachte, machte ein nicht geringer Teil aus Überzeugung mit.

Unter der neuen Werksleitung wehte sowieso ein anderer Wind. Heinrich Koppenberg fegte mit eisernem Besen. Sein Ziel hieß Umgestaltung des gesamten Konzerns hin zu einer effektiven Rüstungsmaschinerie. Nach der Vergabe riesiger Rüstungsaufträge an Junkers und der Überleitung der handwerklichen Produktion in eine Großserienproduktion (Behelfsbomber Ju 52 und Ausbildungsflugzeug W33, zusammen rund 3.000 Flugzeuge) ging es ab 1934 um die Entwicklung eines überlegenen Bombers. Heinkel, Dornier und Junkers sollten Entwürfe für schnelle zweimotorige Bomber vorlegen. Die He 111, die Do 17 und die Ju 86 gingen aus der Auschreibung hervor. Zunächst noch getarnt als zivile Flugzeuge sollten sie mit geringsten Umbauten schnell in einen Bomber verwandelt werden können. Die militärische He 111 erwies sich aufgrund ihrer neuen Flügelbauweise als der neue Standardbomber der deutschen Luftwaffe. Die Ju 86 dagegen hatte wegen ihrer Dieselmotoren von geringer Leistung keine wirkliche Chance. Als Passagierflugzeug dagegen zeigte sie trotz ihrer geringen Größe ein außerordentliches Potential.

1934 erging an Junkers der Entwicklungsauftrag für die Ju 86. Seit Koppenberg bei Junkers das Regime übernommen hatte, traten in der Entwicklung in einemfort Pannen auf, weil der Entscheider Hugo Junkers nicht mehr da war, und Koppenberg vom Flugzeugbau nicht die blasseste Ahnung hatte. Koppenberg wollte sich eigentlich nur um den Aufbau der Großserienfertigung kümmern. Als Generaldirektor mußte er aber auch irgendwie die strategischen Entscheidungen in der Flugzeugentwicklung treffen. Also verdonnerte er Chefkonstrukteur Ernst Zindel dazu, diese Entscheidungen zu treffen. Es ist nicht bekannt, wer letzlich die Ju 86 mit dem Jumo 205 favorisierte, statt auf einen stärkeren Motor (DB 600) zu setzen. Vielleicht war diese Entscheidung auch schon im RLM gefallen. Wahrscheinlicher ist aber, daß sich Koppenberg für den eigenen Motor entschied, weil das für die Entwicklung der Ju 86 als auch für die Konten der Junkerswerke die bessere Lösung darstellte. So war man von Daimler-Benz unabhängig und lastete noch die eigene Motorenproduktion aus.

Im Eiltempo wurde die Ju 86 konstruiert und gebaut. Bereits am 4. November 1934 kam der erste Prototyp in die Luft, vier Monate eher als die He 111. Die Ju 86 basierte aerodynamisch und konstruktiv weitgehend auf der Ju 60. Von der Ju 52 wurde der Doppelflügel übernommen. Die sehr hohe Flügelzuspitzung führte allerdings zu örtlich überhöhten Auftriebsbelastungen, die zu Abrissen an den Flügelspitzen führten. Nach der Beseitigung dieses Mankos erwies sich die Ju 86 als ein schnelles und gut zu fliegendes Flugzeug. Als Passagierflugzeug war die Ju 86 der He 111 in allen Belangen überlegen, einfach weil die He 111 überhaupt kein Passagierflugzeug war. Die He 111 war ein Bombenflugzeug mit einem sehr großen Schützenstand über dem Bombenschacht. Als Passagierkabine war der aber ungeeignet.

 

Technische Daten Ju 86: Verwendung: Schnellverkehrsflugzeug für 10 Pass.;
Motor: 2 x Jumo Diesel 205 mit je 600 PS;
Startmasse: 7.850 kg; Rüstmasse: 5.670 kg; Zuladung: 2.180 kg;
Spannweite: 22,5 m; Flügelfläche: 82 qm; Länge: 17,4 m; Höhe: 4,7 m;
Höchstgeschw.: 310 km/h; Reisegschw.: 280 km/h; Landegeschw.: 100 km/h;
Steigleistung: 5,4 m/s; Gipfelhöhe: 6.700 m; Reichweite: 2.000 km

mit BMW 132 Dc (845 PS): Höchstgeschw.: 380 km/h; Reisegschwindigkeit 315 km/h; Gipfelhöhe 7.400 m

Der Stuka Ju 87

 

Punktgenaue Bombenwürfe waren das Spezialgebiet des Sturzkampfbombers Ju 87B.

 

 

Der Stuka Ju 87 wurde größtenteils außerhalb von Junkers in sogenannten Nachbaufirmen gebaut. Hier zum Beispiel die Nachbaufirma Weser-Flug in Bremen, die den Großteil aller Ju 87 produzierte.

 

Beim Angriff auf die englischen Radaranlagen erwies sich die Ju 87 als punktgenaue Waffe.

Beim Feindflug überm Kanal hatten die langsamen Ju 87 gegen die englischen Jäger keine Chance. Das Flugzeug mußte nach massenhaften Abschüssen von der Front zurückgezogen werden.

– die verheerendste Waffe der 1930er Jahre

Da sich Deutschland auf der einen Seite aus wirtschaftlichen Gründen keine Großbomber und Flächenbombardements leisten konnte, man auf der anderen Seite aber im RLM gehört hatte, daß in den USA ein Sturzkampfbomber namens "Helldiver" (Höllenstürzer) außerordentliche Erfolge erzielen konnte, ging 1935 eine entsprechende Ausschreibung an die deutschen Flugzeugwerke. In den Jahren 1933, 1934 und 1935 waren die Entscheider im RLM noch völlig uneins darüber, wie der kommende Krieg zu führen sei. Klar war nur, daß er massiv geführt und sehr schnell gewonnen werden mußte, um nicht noch einmal dasselbe Fiasko wie im ersten Weltkrieg zu erleben.
   Durch die politisch durchgesetzte Autarkie Deutschlands (ab 1934 keine frei konvertierbare Reichsmark mehr) und die begrenzten Rohstoffressourcen mußte mit jedem Kilogramm Stahl und vor allem jedem Gramm Legierungszusatz gegeizt werden, deshalb die nachhaltige Hinwendung zum Sturzkampfbomber, bei dem der Flugzeugführer mit dem gesamten Flugzeug zielte und punktgenau die Bombe abwarf. Dazu genügten kleine Flugzeuge und wenige Bomben bei einer maximalen Trefferwirkung. So ging an die Firmen Henschel (leichter Stuka) und an die Firmen Arado, Heinkel und Junkers Entwicklungsaufträge für ein mittelschweres Sturzkampfflugzeug mit zwei Mann Besatzung.

  In Konkurrenz standen vor allem der Arado-Doppeldecker Ar 81 mit 20-Liter-Jumo-210-Motor, der Junkers-Tiefdecker Ju 87 mit ebenfalls Jumo-210-Motor und der Heinkel-Tiefdecker He 118 mit einem 30-Liter-Motor (entweder Jumo 211 oder DB 600). Als Geheimtipp galt die Arado-Maschine, so Junkers-Chefkonstrukteur Ernst Zindel nach dem Krieg, weil Ernst Udet als alter Fokker-D.VII-Pilot den Doppeldecker wegen seiner Wendigkeit (geringe Spannweite) favorisierte. Aber allein Junkers hatte sich bis dahin wissenschaftlich mit der Sturzflugproblematik auseinandergesetzt und durch die Entwicklung einer Abfangautomatik und von Sturzflugbremsen das gewagte Flugmanöver auch für den normalen Frontpiloten leicht fliegbar gestaltet.

Neue Flügelkonstruktion

Junkers beschritt mit der Ju 87 neue Wege in der Flugzeugkonstruktion. Die alte Dural-Holm-Bauweise wurde verlassen. Die Flügel der Ju 87 erhielten konische Gurte. Die Versteifung von vorderem und hinterem Gurt erfolgte über Lochblechstege, Der so enstandene Flügelkasten wurde mit selbsttragenden ausgesteiften Glattblechen beplankt, die zum Teil abnehmbar waren, um an die darunterliegenden Kraftstoffbehälter und die anderen Einbauten leichter heranzukommen. Der auffällige Knick des Flügels ergab sich aus der Forderung nach hoher Wendigkeit (die Ju 87 war voll kunstflugtauglich) und durch die benötigte Bodenfreiheit für die große Dreiblatt-Luftschraube. Das Fahrwerk war wegen des Fronteinsatzes extrem robust ausgelegt und nicht einziehbar, dafür aerodynamisch verkleidet. Mit dem kleinen Jumo-210-Motor waren die Flugleistungen nicht gerade berauschend. Die Höchstgeschwindigkeit der Ju 87 V3 dürfte kaum über 300 km/h gelegen haben. Für das Jahr 1935 war das für einen Bomber aber durchaus akzeptabel.

 Bei einem Vergleichsfliegen in Rechlin vor Generalluftzeugmeister Ernst Udet stand der Sieg des Arado-Doppeldeckers im vorhinein fest. Als Udet die Ju 87 einen vollständigen Sturzkampfangriff fliegen sah, den die Heinkel-Maschine nicht mal ansatzweise fliegen konnte, und auch die Arado-Maschine nicht wirklich souverän flog, entschloß er sich dazu, selbst alle drei Maschinen auszuprobieren. Dabei merkte er, daß die Arado-Maschine nicht stabil genug flog, mit der Ju 87 dagegen auch weniger begabte Piloten leicht zurechtkommen konnten. Plötzlich stiegen die Chancen für die Großserienproduktion der Ju 87 enorm. Als Flugkapitän Hesselbach und Ju-87-Konstruktionsleiter Hermann Pohlmann aus Rechlin zurückkamen, wurde sofort entschieden, die Ju 87 auf den größeren Motor Jumo 211 umzukonstruieren. Diese Arbeit war sehr umfangreich, weil der viel schwerere Jumo 211 den Schwerpunkt der Maschine noch weiter nach hinten schob, was durch eine stärkere Pfeilung des Flügels nach vorn ausgeglichen werden mußte. Die Umkonstruktionsarbeiten wurden mit Vehemenz vorangetrieben, so daß das RLM sich doch noch für die Ju 87 entschied.

Vorkriegsvarianten der Ju 87

Am 17. September 1935 war die Ju 87 V1 zum ersten Mal geflogen. Sie besaß noch ein Doppelleitwerk und wurde von einem 600-PS-Motor Krestel von Rolls-Royce angetrieben, weil es in Deutschland noch keine starken Motoren gab. Auch die V2 besaß noch den Krestel-Motor. Ab der V3 kam dann endlich der Jumo-210 zum Einbau mit 680 PS. Noch 1937 ging die Ju 87A in Serie. Die Feuertaufe erhielt sie im spanischen Bürgerkrieg. Hier wurde das Flugzeug ausgiebig getestet und erstmals auch auf Zivilisten losgelassen. Um die Sturzfluggeräusche noch zu steigern, wurden sogenannte Jericho-Sirenen angebaut, damit die Menschen am Boden in panischem Entsetzen auseinanderstoben und zu keiner Gegenwehr mehr fähig waren. Entgegen dem Völkerrecht operierte die deutsche Legion Condor in Spanien und erprobte hier unter echten Frontbedingungen ihre neuen Flugzeuge, was nicht unwesentlich zu den Anfangserfolgen der deutschen Luftwaffe in Polen und Frankreich beigetragen hat.
   1939 erhielt die Ju 87B den großen 30-Liter-Motor Jumo 211 mit zunächst 1.200 PS, so daß die Geschwindigkeit auf etwa 380 km/h stieg und nun auch größere Bomben (500 kg und 1.000 kg) abgeworfen werden konnten. Mit dieser Ausführung begann der Angriff auf Polen und die "Erfolgsgeschichte" der Ju 87. Unter den Bedingungen der deutschen Luftherrschaft über Polen konnten die Ju-87-Verbände in aller Ruhe ihre Ziele anfliegen und dann im Sturzflug nach und nach punktgenau vernichten. Die Ju 87 erwiesen sich so als äußerst effektiv und verheerend zugleich.
   Die Serienproduktion der Ju 87 lief fast ausschließlich in den Nachbaufirmen auf Lizenzbasis. Junkers baute nur die Prototypen. Fast 90 Prozent der gefertigten 5.700 Flugzeuge wurden bei der Firma Weser-Flug AG gebaut, weitere Lizenznehmer waren die ATG in Leipzig unddie Waggonfabrik in Gotha.
   Beim Einsatz gegen England wurde nach kurzen Anfangserfolgen (Ausschaltung der Radaranlagen) die Schwachstelle der Ju 87 schonungslos bloß gelegt: Ohne eigene Luftherrschaft waren die Ju 87 eine leichte Beute der englischen Jagffliegerkräfte. Diese schossen mit ihren schnellen Spitfire-Jägern die schwerfälligen und langsamen Stukas wie reife Pflaumen vom Himmel. Da die meisten Flugzeuge schon über dem Kanal abgeschossen wurden, war das für die Ju-87-Besatzungen der sichere Tod. Im August 1940 mußte Göring die Ju 87 nach schweren personellen und materiellen Verlusten zurückziehen.

   Mit immer stärkeren Motoren des Typs Jumo 211 ausgerüstet, blieb die Ju 87 bis 1944 in Produktion. Beim Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 war die Ju 87B an allen Frontabschnitten im Einsatz. Solange die deutsche Luftherrschaft gesichert war, konnten die Ju-87-Verbände gefahrlos ihre Bomben zielgenau werfen. Wenn die Verteidiger jedoch die Nerven behielten, war es ziemlich leicht, die Ju 87 beim Stürzen mit leichter Flak abzuschießen, da sie in dieser Zeit in einer festbestimmten Flugbahn flog. Ab 1943 kam die Ju 87 mit starken panzerbrechenden Kanonen ausgerüstet  auch im Erdkampf zum Einsatz. In diser Rolle reichte sie aber niemals an die Leistungsfähigkeit des sowjetischen Schlachtflugzeuges IL-2M3 heran. Der etwas umständlich zu fliegende Sturzflugangriff war ab 1941 veraltet. Brücken ließen sich z.B. viel besser mit Jagdbombern zerstören, die sich nach dem Bombenwurf gegenseitig decken und mit Machinengewehrfeuer gegnerische Stellungen bekämpfen konnten.


Technische Daten Ju 87D-1: Verwendung: Sturzkampfbomber bis 1.800-kg-Bombe;
Motor: 1 x Jumo 211 J mit 1.410 PS;
Startmasse: 5.720 kg; Rüstmasse: 2.760 kg; Zuladung: 2.960 kg;
Spannweite: 15,0 m; Flügelfläche: 32 qm; Länge: 11,1 m; Höhe: 3,8 m;
Höchstgeschw.: 408 km/h; Marschgschw.: 350 km/h; Landegeschw.: 110 km/h;
Gipfelhöhe: 7.320 m; Reichweite: 1.000 km

Die Ju 88 war das beste und meistgebaute deutsche Kampfflugzeug

Dieses Bild gibt einen schönen Größenvergleich. Es zeigt die Neuausbildung von Besatzungen für das Kampfflugzeug Ju 88.

 

Die erste Ju 88 steht im Dessauer Hauptwerk für die Flugerprobung bereit. Am 21. Dezember startete Flugkapitän Karl-Heinz Kindermann zum Erstflug mit der 88V1. Die V1 hatte noch Daimler-Benz-Motoren vom Typ DB 600C.

 

 

 

 

Der zweimotorige Stuka Ju 88A-1.

 

 

Die Ju-88-Kanzel bot drei Mann Platz. Vorn saßen Pilot und Navigator (zugleich Bombenschütze), nach hinten feuerte der Heckschütze, der sich auch als Funker betätigte.

 

 

"Einsatzende" nennt sich dieses Farbfoto. Die breite VDM-Dreiblattschraube und der Düsenkühler waren ein Kennzeichen der Ju 88.

 

 

Die kleine Ju 88 ließ sich leicht tarnen.

 

Die Ju 88 war ab 1940 das wichtigste Kampflugzeug der deutschen Luftwaffe. Der kleine zweimotorige Bomber rollte seit 1939 im Junkers-Serienwerk Bernburg in Fließbandproduktion aus der Halle. Bis 1945 sind rund 15.000 Flugzeuge dieses vielseitigen Typs gebaut worden. Seine Entwicklungsgeschichte war jedoch ganz und gar nicht fließbandmäßig.
   Im Sommer 1935 informierte die deutsche Sportfliegerin Marga von Etzdorf das RLM und einige Flugzeugfirmen über ihre "Spionagereise" durch die USA. Sie erzählte, daß bei Glenn-Martin ein mittelschwerer Bomber in Entwicklung stünde, der eine Höchstgeschwindigkeit von 450 km/h erreichen solle. Das waren rund 100 km/h mehr als die damals bekannten schnellsten Flugzeuge. Als man bei Junkers davon hörte, stand gerade die Ju 87 in Entwicklung und ein Nachfolgemuster für die Ju 86 entwurfsmäßig in Vorbereitung. Sofort wurde von Junkers-Entwurfschef August Wilhelm Quick die Möglichkeit einer Geschwindigkeitssteigerung auf 500 km/h untersucht. Laut Chefkonstrukteur Ernst Zindel ging man taktisch davon aus, daß das Flugzeug bei dieser hohen Geschwindigkeit in der Lage sein würde, nach dem Bombenwurf so schnell abzufliegen, daß den gegnerischen Jägern nicht genug Zeit blieb, um in Angriffsposition zu kommen. Deshalb sollten die Abmaße des Schnellbombers möglichst klein sein, sowohl was den Flügel als auch was den Rumpf betrifft. Antriebsseitig stand der neue 35-Liter-Motor Jumo 211 mit geplanten 1.200 PS wahrscheinlich ab 1938 zur Verfügung.
 

  Wie Ernst Zindel in seinen Erinnerungen schreibt, wurde damals vonseiten des RLM ein großer Fehler gemacht, den Junkers erst wieder an der Ju 288 ausbügeln konnte, nämlich die Festlegung, daß das Flugzeug nur Bomben bis zu 50 kg mitführen sollte. Begründet wurde das damit, daß die 50-kg-Bombe eine ausreichende Zerstörungskraft habe, und viele kleine Bomben schließlich mehr Wirkung erzielen würden als wenige große. Wenn man größere Bomben benötige, könne man sie ja auch von einem größeren Bomber (z.B. Ju 89) werfen lassen. Kurz, das RLM schätzte 1935 die Lage völlig falsch ein. Denn mit 50-kg-Bomben konnte man zwar gut Marschkolonnen und Versorgungszüge angreifen, aber keine mit Stahlträgern gebaute Industrieanlagen, Panzer- und Flugzeugwerke zerstören. Eine etwas unrühmliche Rolle müssen dabei die beiden Amerikaner Gassner und Evers gespielt haben. Die kamen im Dezember 1935 von der kleinen US-Firma Fairchild für viel Geld über den Atlantik. Koppenberg forderte von Zindel, daß die beiden verantwortlich für die Ju 88 eingesetzt werden sollten. Da bei Junkers sowieso gerade Personalmangel herrschte (Unter Hermann Pohlmann entstand die Ju 87, Ernst Zindel selbst leitete die Entwicklung des Großbombers Ju 89, außerdem hatte Entwicklungschef Prof. Herbert Wagner die besten Konstrukteure für den neuen Höhenbomber Ju EF-61 abgezogen, so daß rund 750 Konstrukteure bereits gebunden waren.), kamen Gassner und Evers gerade gelegen.    Zindel setzte Gassner als Typenleiter für die Ju 88 ein, und sein Adlatus Evers blieb dabei gleich seine rechte Hand. Als Typenleiter und Neuer beim Großkonzern Junkers kuschte Gassner natürlich vor Koppenberg und den Forderungen des RLM. Gassner ließ die Ju 88 für 10 bzw. 18 kleine 50-kg-Bomben konstruieren. Zindel setzte unter größtem Widerstand dann noch durch, daß wenigstens die Flügel für Außenaufhängungen für 250-kg-Bomben vorgesehen wurden. Bald redete über 50-kg-Bomben kein Mensch mehr. Unter dieser großen Fehleinschätzung litt die Ju 88 später enorm. Da keine 50-kg-Bomben, geschweige denn noch größere (500 kg, 1.000 kg und Luftminen mit 1.800 kg) im Rumpf untergebracht werden konnten, mußte die Ju 88 den ganzen Krieg über ihre Bomben außen mitschleppen, was je nach Größe die Geschwindigkeit um 42 bis 65 km/h reduzierte,

   Die Ju 88 nahm dennoch eine schnelle Entwicklung. Mit dem Quick-Wocke-Entwurf vom Herbst 1935 begann sofort die Konstruktion der ersten Maschinen. Für die Flügelkonstruktion zeichnete Herbert Scheller als Abteilungsleiter verantwortlich, für den Führerraum Erich Wessel, für die Steuerung Ernst Babrawski, das Flügelmittelstück Kurt Cyron, für den Triebwerkseinbau Hans Hoch und das Fahrwerk Erich Heinelt. Die Gesamtleitung hatte zu dieser Zeit Alfred Gassner (ging Weihnachten 1936 wieder zurück in die USA, Heinrich Evers blieb bei Junkers und ging in die Produktion). Diese ersten fünf V-Flugzeuge unterschieden sich jedoch von der späteren Ju 88 beträchtlich. Die Ju 88 V1, die schon am 21. Dezember 1936 mit Flugkapitän Karl-Heinz Kindermann erstmals flog (mit zwei Daimler-Benz DB-600C), wog nur 7,5 Tonnen und hatte ähnlich wie die spätere sowjetische Petljakow Pe-2 kleinste Abmessungen und ein nur mittelmäßiges Bruchlastvielfaches. Ihr Hauptvorteil sollte die Geschwindigkeit sein. Die Ju 88 V5 stellte am 19. März 1939 dann auch einen aufsehenerregenden Weltrekord mit 517 km/h mit 2.000 kg Nutzlast über eine Strecke von 1.000 km auf sowie mit 509 km/h über 2.000 km. Die Ju 88 V5 besaß zwei Einspritzmotoren Jumo 211B mit Düsenkühlern und in die Kontur gelegte Auspuffkrümmer. Dieses Modell ging jedoch nicht in Serie. Ernst Udet forderte nach dem Erstflug der Ju 88 V1 eine sturzflugfähige Ju 88. Dafür mußte die Ju-88-Konstruktion natürlich statisch völlig neu ausgelegt werden, so daß das Flugzeug auch schwerer wurde. Gott sei Dank hatte man bei Junkers den Flügel der Ju 88 gleich größer gewählt, um die Flächenbelastung nicht schlagartig zu steigern (was für die Pilotenausbildung sehr schlecht gewesen wäre). Das RLM hatte Junkers zuvor zurechtgewiesen, weil das Projekt Ju 88 eine Tragfläche von 52,5 qm  hatte, während die Messerschmitt-Variante Me 152 nur 32 qm aufwies, was angeblich für einen Schnellbomber wichtig sei. Von der Messerschmitt-Maschine sprach bald niemand mehr, wo hingegen die zu einem Stuka umkonstruierte Ju 88 (ab V6) für die Truppe zu einem kampfstarken und unverzichtbaren Typ wurde.

Die neu entwickelten Jumo-205-Dieselmotoren erwiesen sich für die Zivilvariante als eine kostengünstige und reichweitenfördernde Lösung. 1936 flog eine Ju 86 von Dessau nonstop über 5.800 km ins westafrikanische Bathurst. Der Flug dauerte 20 Stunden, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 290 km/h entspricht. Als Bomber jedoch wurde die Ju 86 zu einem Reinfall für Junkers. Wenn der energische Koppenberg nicht das RLM in Berlin zur Produktion der Ju 86 überredet hätte, wäre sie nie in Serie gebaut worden. Das RLM wollte die modernere He 111 mit ihren starken 1.000-PS-Motoren und ihrem belastbaren Flügel. Das RLM hatte entschieden, daß Junkers die He 111 nachbauen sollte. 43 Stück He 111 wurden denn auch im Junkersserienwerk Bernburg gebaut, dann hatte es Koppenberg geschafft, daß das RLM die Ju 86 wenigstens in kleinen Stückzahlen als Schulungsmaschine abnahm. Vom Bomber Ju 86 sind nur etwas über 800 Flugzeuge gebaut worden, während die He-111-Produktion bis 1944 lief und 6.000 Flugzeuge ausstieß. Dabei profitierte die He 111 allerdings von der Junkers-Motorenentwicklung, die inzwischen den Jumo 211 serienreif bekommen hatte und der ab 1940 in Massen mit seinen 1.200 PS in der He 111 Verwendung fand. Der Jumo 211 war bei Kriegsende mit 68.000 Stück der am meisten gebaute deutsche Flugmotor. Von der zivilen Ju 86 sind um die 60 Flugzeuge gebaut und größtenteils exportiert worden. Die zivile He 111 dagegeb verkaufte sich gar nicht. Nur die Deutsche Lufthansa mußte, vom RLM gezwungen, die erste aufgelegte Tranche abnehmen (wohl 12 Flugzeuge), dann hatte es sich mit der zivilen Produktion der He 111.

Die sturzflugfähige Ju 88

Die Stuka-Ju-88 wies einige konstruktive Besonderheiten auf, die sie zu hohen Leistungen befähigte. Neben den relativ kleinen Abmessungen von Flügel, Leitwerk und Rumpf sticht die Zusammenfassung der Besatzung (3 Mann) in einer vorderen Kabine ins Auge, wobei Pilot und Bombenschütze seitlich leicht versetzt saßen. Dadurch war die interne Kommunikation sehr gut. Die zweite Besonderheit war die Düsenkühlung der wassergekühlten Motoren. Dies war eine alte Junkerserfindung, die von den beiden Patentinhabern Prof. Herbert Wagner und Ludwig Meyer auf die Motorkühlung übertragen worden war. Ringförmig angeordnete Kühlsegmente umschlossen den Motor hinter der Luftschraube, wodurch der Luftwiderstand um etwa 25 Prozent kleiner wurde, als bei den bis dahin üblichen getrennten Wasser- und Ölkühlern, die irgendwo am Motor, Rumpf oder unter den Flügeln angeordnet waren. Die dritte Besonderheit war der nochmals weiterentwickelte Flügel von der Ju 87 zur Ju 88. Die Ju 88 hatte eine aus Stahl konstruierte Flügeltraverse (von Kurt Cyron konstruiert und vom Reich patentiert) und weiter optimierte Flügelholme. Die letzte Besonderheit betraf das Fahrwerk, das gegenüber der alten Ju 88 (V1-V5) wesentlich robuster geworden war, indem Paul Szyszka das Heinelt-Fahrwerk (doppeltabgestützte Federbeine) zum einbeinigen sich selbst stützenden Fahrwerksbein umkonstruierte, das sich drehend in den Fahrwerksschacht einzog.
  

Die Ju 88 V6 flog am 18. Juni 1938 noch mit Dreiblatt-Luftschraube zum ersten Mal. Nach Hitlers Vorstellungen sollte der Krieg ja schon im März 1938 beginnen. Da Frankreich und besonders England Hitler auch ohne Krieg alles gaben, was dieser forderte, konnte die Serienvorbereitung der Ju 88 noch zu Friedenszeiten erfolgen. Heinrich Koppenberg hatte, nachdem die neue Ju 88 ihre unerreichte Leistungsfähigkeit demonstriert hatte, von Hitler 1938 eine Generalvollmacht für die Ju 88 erhalten, mit der er nach Gutdünken fremde deutsche Industriebetriebe in den Produktionsablauf der Ju 88 einspannen konnte. Es ging dabei um Dural- und Stahlkontingente, um den Zugriff auf Vorprodukte und zusätzliche Arbeitskräfte, um Aus- und Umlagerung von Junkersprodukten, um durch Zusammenfassungen und Rationalisierungen die höchstmögliche Ausstoßrate der Ju 88 zu garantieren. Das Aufziehen der Ju-88-Serienproduktion wurde zum Gewaltakt. Junkers bekam ein neues Serienwerk in Bernburg. In Köthen lief die Serienproduktion des Motors Jumo 211. Die moderne Funk- und Navigationsausrüstung mußte auf große Stückzahlen umgestellt und fachmännisch über das Land verteilt werden. Es dauerte Monate, bis die Ju-88-Produktion in der geplanten Größenordnung von 150 Flugzeugen monatlich zum Laufen kam. Das ganze Jahr 1939 konnten nur 69 Flugzeuge ausgeliefert werden, so daß die Ju 88 in nennenswerten Stückzahlen erst im Frühjahr 1940 zur Truppe gelangte.
   Eine wesentliche Weiterentwicklung stellte die Ju 88-A-4 dar mit 4 Mann Besatzung (hölzerne Liegewanne für Bombenschütze, konstruiert von Kurt Cyron), stärkeren Motoren Jumo 211 J, vergrößerter Spannweite (20,08 m), größerer Bombenzuladung und mehr Abwehrbewaffnung. Die A-4 konnte unter den Flügeln Bomben von 500 kg und 1.000 kg tragen.
   Als Ju 88C wurden die Zerstörer-Varianten bezeichnet, die als Nachtjäger mit spezieller Kanonenbewafnung die einfliegenden schweren Bomber der Engländer (Avro Lancaster) und Amerikaner (B-17) vom Himmel holten.

Ju 188/388

 

Der Höhenbomber Ju 388 V1 hatte gegenüber der Ju 188 eine Druckkabine und Höhenmotoren.

 

 

Druckkabine der Ju 388 V1 (0,39 atü Überdruck) mit abgenommenem Verglasungsgerüst.

 

Weiterentwicklungen Ju 188 / Ju 388

Um einerseits den Nachschub an Ju 88 an die Front nicht zu beeinträchtigen und andererseits den Erfordernissen der Front Rechnung zu tragen, entstand im Anschluß an die Ju 88 und auf deren Basis die Weiterentwicklung Ju 188 mit neuer Kanzel, neuem Heckleitwerk und stärkerem Motor mit Vierblattluftschraube sowie der Höhenbomber Ju 388 mit einem Flügel für große Höhen, einer Druckkabine und dem Höhenmotor BMW 801J. Während aber von der Ju 188 noch etwa 1.200 Maschinen ab 1943 zum Einsatz gelangten, blieb der Höhenbomber in den Startlöchern stecken, so daß von ihm nur einige V-Maschinen gebaut wurden. Sowohl Ju 188 als auch Ju 388 reichten nicht an die Leistungsfähigkeit der Ju 288 in den Varianten A und B heran. Sie überboten aber deutlich die Leistungen der Ju 88, doch aufgrund des gleichen Rumpfes mit dem zu kleinen Bombenraum brachten sie nicht wirkliche strategische wie taktische Vorteile, so daß die Ju-88-Produktion auf hohem Niveau weiterlief.

Technische Daten Ju 88A-4: Verwendung: Schnellbomber und Stuka;
Motor: 2 x Jumo 211 J mit je 1.410 PS;
Startmasse: 12.122 kg; Rüstmasse: 8.620 kg; Zuladung: 3.502 kg;
Spannweite: 20,08 m; Flügelfläche: 54,5 qm; Länge: 14,4 m; Höhe: 4,8 m;
Höchstgeschw.: 472 km/h; Reisegschw.: 370 km/h; Landegeschw.: 100 km/h;
Steigleistung: 9,2 m/s; Gipfelhöhe: 8.235 m; Reichweite: 1.400 - 2.700 km

Bwaffnung: 1.000 - 3.000 kg Bomben; 7 MGs

Lesen Sie dazu das Buch Holger Lorenz: "Kennzeichen Junkers"

Das "Dritte Reich" kann sich keine Großbomber wie die Ju 89 leisten

 

Projektzeichnung der Ju 89.

 

Bis 1935 standen Großbomber wie die Ju 89 hoch m Kurs.

 

Die Ju 89 V1 kurz nach ihrer Fertigstellung im Frühjahr 1937 im Stammwerk Dessau

 

 

Mit stärkeren Motoren als die DB 600A von 960 PS wäre die Ju 89 auch für 500 km/h gut gewesen.

 

Nach der Errichtung der offenen Polizei-Diktatur durch die Nazis und ihre monopolistischen Gönner schwenkte die deutsche Außenpolitik und mit ihr die gesamte Wirtschaft auf ein Loslösen aus dem Völkerbund und eine autarke Wirtschaftspolitik um. Bei der Ausrichtung der Wirtschaft auf einen neuen Weltkrieg mußte zwangsläufig die Frage beantwortet werden, wie die neu aufzubauende Luftwaffe qualitativ beschaffen sein sollte. Relativ einfach war noch die Frage nach der Mächtigkeit der Luftflotte zu beantworten. Sie mußte zahlenmäßig stärker sein als alle Gegner einzeln genommen, oder mindestens so stark wie die Luftflotten von England und Frankreich zusammen. Auf diese Weise ergab sich eine Zahl von etwa 3.000 Flugzeugen. Doch für welches Aufgabenspektrum waren diese 3.000 Flugzeuge zu spezifizieren? Zunächst ging man im RLM von einem ausgewogenen Verhältnis von Jagdflugzeugen, Schnellbombern, Großbombern, Aufklärern und Schulflugzeugen aus. Deswegen ging auch an Junkers 1935 der Auftrag zum Bau eines viermotorigen Großbombers, der tief ins gegnerische Gebiet eindringen konnte, und in kleineren Verbänden fliegend große Bombenteppiche über die Industriezentren des Gegners ausschütten konnte. Dieser Großbomber bekam bei Junkers die Bezeichnung Ju 89.

Konstruktiv lehnte sich die Ju 89 eng an die Ju 86 an. Die beim Stuka Ju 87 eingeführte neue Flügelbauweise mit selbsttragender Schale und zwei Holmen kam bei der Ju 89 noch nicht zur Anwendung. Der Ju-89-Flügel glich eher einer Mischung aus Ju-86-Flügel und dem Vielzellen-Flügel der DC-2. Er hatte fünf Blechholme, die durch Stege verbunden einen mehrzelligen Kasten bildeten, auf den selbstragende Glattblechdeckel aufgeschraubt waren. Das Flügelmittelstück wurde wie bei der Ju 86 und Ju 52 durch Duralrohre gebildet. In den Zwischenräumen der Rohrholme steckten vertikale Bombenschächte, wie dies ebenfalls bei Ju 52 und Ju 86 der Fall war. Desgleichen kam wieder der Doppelflügel zur Anwendung. Die Flügelgeometrie war insofern völlig neu, als ein Flügelumriß gefunden werden mußte, der eine hohe Geschwindigkeit mit hoher Stabilität beim Bombenwurf verband, wo bis zu sechs Tonnen Bomben in Sekundenschnelle den Rumpf verließen und so den Schwerpunkt verschoben.

Ausgelegt war die Ju 89 für eine sehr hohe Marschgeschwindigkeit von 400 km/h und eine Höchstgeschwindigkeit von mindestens 450 km/h (bei entsprechender Motorisierung von 4 x 1.250 PS) bei einer Bombenlast von zwei bis sechs Tonnen und einer Reichweite von 1.500 km bis 4.000 km. Das waren damals absolute Spitzenwerte.

Der Entwurf zur Ju 89 entstand ab dem 25. März 1935 (LC 1137/35) wohl unter Leitung von Bernhard Cruse. Für die Konstruktion zeichneten verantwortlich Fritz Freundel und Johannes Haseloff. Zu den bereits in Arbeit befindlichen Konstruktionen der Ju 87, Ju 88 und dem zukünftigen Höhenbomber EF-61 kam 1936 nun noch die Konstruktion der Ju 89 hinzu. Junkers war damit weit und breit das einzige Flugzeugwerk der Welt, das in der Lage war, parallel vier völlig verschiedene Flugzeugtypen zu konstruieren und in die Erprobung zu nehmen!

Anfang 1937 wurde die Ju 89 V1 fertig. Aus der Junkers-Angebotsmappe an das RLM für die Ju 89 V1 (Entwicklung und Bau) vom 18. Januar 1937 gehen folgende Kosten hervor: Attrappenbau: 150.441 RM; Aerodynamische und Statische Berechnungen: 301.388 RM; Versuche: 6.000 RM; Bau der Zelle mit 4 x DB 600-Motoren: 1.128.000 RM; Ausrüstung: 1.033.764 RM; Änderungen: 63.600 RM; Anfertigung eines 2. Rumpfvorderteils: 18.968 RM; Flugversuche und Flugerprobung: 109.487 RM; was Gesamtkosten von 4,261 Millionen RM allein für die V1 ergibt. Der Bau der Ju 89 V2 kostete 1,558 Millionen RM, der Bau der Bruchzelle V3 175.824 RM. Das macht zusammen 5,995 Millionen RM.

Am 11. April 1937 startete die Ju 89 V1 (D-AFIT) mit Peter Hesselbach am Steuer zu ihrem Erstflug. Die schwachen wassergekühlten DB-600A-Motoren ließen nur eine Maximalgeschindigkeit von 386 km/h zu. Das waren immerhin 6 km/h mehr als bei der kleinen Ju 86 mit BMW-132C-Motoren. Inzwischen hatte sich aber die Einstellung zum Großbomber im RLM gedreht. Die Beschränktheit der Dural-Produktion ließ es nicht günstig erscheinen, ein so großes Flugzeug einzusetzen. Es verschlang doppelt so viele Motoren und dreimal so viel Dural wie eine Ju 88 oder He 111. Außerdem ließen sich große Flugzeuge viel leichter abschießen als kleinere. Im Großbomber sah man keinen entscheidenden Vorteil, außer, daß er eine größere Reichweite besaß. Da sich das noch auf dem Weg zur Weltherrschaft befindliche Deutschland keine Großbomber wirtschaftlich leisten konnte, wurde schon während der Erprobungsflüge der Ju 89 V1 und V2 der Beschluß gefaßt, auf den Serienbau der Ju 89 zu verzichten.

Technische Daten Ju 89: Verwendung: Großbomber; 9 Mann Besatzung;
Motor: 4 x DB 600A mit je 960 PS;
Startmasse: 27.800 kg; Rüstmasse: 16.980 kg; Zuladung: 10.820 kg;
Spannweite: 35,27 m; Flügelfläche: 184 qm; Länge: 26,5 m; Höhe: 7,61 m;
Höchstgeschw.: 386 km/h; Marschgschw.: 312 km/h; Landegeschw.: 120 km/h;
Gipfelhöhe: 7.000 m; Reichweite: 2.980 km

Die ganz ganz kleine Kleinserie des "Großen Dessauers" Ju 90 von 1939

Phantomzeichnung Ju 90

Die Ju 90 V1 im August 1937 auf der Grasfläche des Dessauer Platzes.

Die Ju 90 V1 bei ihrer Pressevorstellung am 13. September 1937 vor der Lackhalle in Dessau.

 

Die schöne Ju 90 V3 "Bayern" mit Kennzeichen D-AURE besaß sogenannte Schnellwechselmotoren. Sie flog zum ersten Mal am 23. Juni 1938. Die Ju 90 V4 bildete dann den Prototyp für die Kleinserie von gerademal 10 Flugzeugen. Zwei davon waren für Südafrika bestimmt, die aber wegen des Kriegsbeginns nie dort ankamen.

 

Die fünfte Maschine der Kleinserie Ju 90 005 "Preußen" in Lufthansa-Bemalung mit Hochglanzoberfläche, hölzerner Bugkappe und scharzem Fensterstrich.

Fast auf Ju-290-Standard befand sich 1942 die Ju 90 V8 DJ+YE (verlängerter Rumpf und großer weitspannender Flügel). Die V8 operierte als größter deutscher Truppentransporter von Lecce aus.

Genau wie beim Zwitter Ju 86 ist auch die Ju 89 sowohl als Bomber als auch als Passagierflugzeug gleichzeitig entwickelt worden. Junkers hatte die Ju 89 V3 als das erste zivile Muster der Ju 89 vorgesehen (Der Bomber Ju 89 V1 war noch unbewaffnet, die V2 sollte dann auch der Waffenerprobung dienen, die Bruchzelle der Ju 89 hatte eigentlich keine V-Bezeichnung, wie im vorhergehenden Artikel benamt). Doch die zivile Ju 89 V3 ist nie gebaut worden. Das lag daran, daß in den USA im Dezember 1935 die erste DC-3 geflogen war und sich im Junkers-Entwurfsbüro großer Widerstand gegen die nunmehr schlechte Lösung Ju 89 V3 breit machte. Man hatte ja an der Ju 86 und He 111 gesehen, daß dieser Zwitter-Gedanke entweder einen schlechten Bomber oder aber ein schlechtes Zivilflugzeug hervorbringt. Das konnte auch gar nicht anders sein, denn Bomben haben schließlich eine viel größere Wichte als Passagiere, die im Flugzeug vor allem Platz haben und sich bewegen wollen.

Der Entwicklungsauftrag des RLM für die zivile Ju 89 V3 trägt das Datum vom 8. Mai 1936 (LC 3296/36), die Modifizierung auf das Muster Ju 90 V1 das Datum vom 28. Dezember 1936. Folgende Kosten stellte Junkers dem RLM am 18. Januar 1937 für die Ju 90 V1 in Rechnung: Attrappe: 63.492 RM; Windkanalversuche: 123.313 RM; Bau der Zelle: 1.540.291 RM; Bauvorrichtungen und Werkzeuge: 349.103 RM; Kraftstoff: 24.007 RM; Änderungen nach dem Einfliegen: 36.619 DM; Flugzeugführergehalt 55 Std. á 10 RM: 550 RM; 1.000 Flugversuchsstunden: 4.000 RM. Das ergab für die Ju 90 V1 Gesamtkosten von 2,652 Millionen Reichsmark. Für die Ju 90 V2 berechnete Junkers dem RLM 1,763 Millionen Reichsmark, davon 35 Tausend RM für die Flugerprobung. Für die V3 stellte man 1.657.550 RM in Rechnung.

Der Rumpf des Bombers Ju 89 maß 2,40 m. Der Rumpf der zweimotorigen und viel leichteren Douglas DC-3 maß 2,39 m. Er war also im Prinzip genauso breit. Er faßte normal 21 Passagiere und in 4er-Reihe sogar 28 Passagiere. In die Ju 89 V3 hätten gerade 30 Passagiere Platz gefunden. Die Ju 89 besaß vier Motoren und eine Startmasse von 23 Tonnen. Die DC-3 besaß nur zwei Motoren und wog nur die Hälfte der Ju 89, nämlich 11,4 Tonnen. Das heißt, die Ju 89 V3 wäre in allen Belangen unterlegen gewesen außer bei der Reichweite. Das Junkers-Projektbüro setzte sich gegen das RLM Anfang September 1937 durch. Da war es auch nicht mehr so schwer, weil sich die oberste Heeresführung bereits vom Großbomber verabschiedet hatte, so daß nun der Weg frei war für eine Rumpfvergrößerung an der Ju 89 V3. Das neue Muster bekam die Bezeichnung Ju 90 "Der große Dessauer". Das doppelte Gewicht der Ju 89 wurde nun auch in die doppelte Größe gegenüber der DC-3 umgesetzt. Bis auf den Rumpfbug wurde ein neuer Rumpf für die Ju 90 konstruiert, der 60 cm breiter war. Mit nunmehr 3,0 m Rumpfbreite konnten in 4er-Sitzreihen 40 bis 50 Passagiere in der Ju 90 untergebracht werden. Damit war die Ju 90 passagiermäßig voll in ihr wahres Leistungsvermögen hineingewachsen. Zu ihrem Erstflug am 28. August 1937 stellte die Ju 90 dann auch das größte Landflugzeug der Welt dar.

Außer einer leichten Vergrößerung des Seitenleitwerks und der Verbreiterung der Rohrholme des Flügelmittelstücks war das Flugzeug aber gegenüber der Ju 89 V3 unverändert geblieben. Durch die Rumpfverbreiterung mußte natürlich auch die Spannweite mitwachsen. Da die Konstruktionselemente des Rumpfes gegenüber der Ju 89 gleich geblieben waren, war die Einarbeitung der Rumpfverbreiterung schnell erledigt und die Ju 90 V1 bereits im August 1937, also nur vier Monate nach der Ju 89 V1, flugbereit.

Mit viel Pomp und Protz wurde am 13. September 1937 die Ju 90 V1 D-AALU als "Der Große Dessauer" vor der versammelten Weltpresse in Dessau vorgestellt. Das größte Landflugzeug der Welt war nicht nur groß, sondern auch viel schneller als die DC-3. Darüberhinaus war die Passagierkabine so groß wie in einem D-Zug-Abteil. Durch die Truhenform des Rumpfes konnte man stehend bis ans Fenster treten. Die genau abgestimmte und mit viel Forschungsaufwand eingebaute Belüftung hielt die Gerüche und Geräusche der Triebwerke so stark zurück, daß man wie im D-Zug sich angenehm unterhalten und warm und geborgen die Reise genießen konnte. Die Ju 90 war ein großer Wurf. Sie war genauso sicher zu steuern wie die Ju 52, rund 150 km/h schneller und innen natürlich viel bequemer. Beachtlich war auch die Reichweite. Mit 4.000 km konnten echte Langstrecken abgedeckt werden.

Trotz ihrer Größe, Schnelligkeit und Bequemlichkeit kam die Ju 90 niemals richtig zum Verkehrseinsatz. Zum einen lag das an technischen Problemen, denen die V1 und die V2 1938 zum Opfer fielen (plötzliches Einsetzen von Flattern bei 490 km/h bei V1, Motorausfall bei V2 in Bathurst). Zum andern am faschistischen deutschen Staat, der an der Ju 90 kein kommerzielles Interesse hatte, weil das Flugzeug nur die so schon knappen Ressourcen verschlang. So kam es, daß von der Ju 90 nur vier V-Maschinen und eine Mini-Serie von gerade mal zehn Flugzeugen gebaut wurden. Diese Alibi-Produktionsserie sollte nur weiter die Aufrüstung verschleiern und ein heiteres Leben in Deutschland vorgaukeln. 

Dennoch ging die Entwicklung der Ju 90 nach 1937 weiter. Da das Flugzeug sich auch gut als Militärtransporter eignete, bekam Junkers die Anweisung, es auch für Kurzstarts weiterzuentwickeln. Es entstanden die Ju 90 V5 und V6. An beiden Flugzeugen wurde das Ausblasen und Absaugen der Grenzschicht über dem Flügel experimentell angewendet. Die aerodynamischen Berechnungen führte Dr. Georg Backhaus aus, die Konstruktion der Anlage Erwin Handke. Handke war wohl bei Junkers das größte Konstruktionstalent. Er war an allen Brennpunkten zu finden (überschwere Getriebe, leichte Hydraulikanlagen, Optik) und wurde schnell Sonderkonstrukteur in der Entwicklung. Backhaus wurde 1941 bei Junkers Chef-Aerodynamiker. Die aufwendige Entwicklung stand aber in keinem Verhältnis zum Gewinn. Der maximale Auftriebsbeiwert stieg zwar deutlich an, aber den gleichen Effekt konnte man auch mit einer größeren Flügelspannweite erzielen mit dem Vorteil, daß der Pilot keinen Ausfall der komplizierten Anlage befürchten mußte.

Genau diese Erkenntnis führte 1939 zur Entwicklung der Ju 90 V7. Das Flugzeug bekam einen neuen Flügel, der eine wesentlich einfachere Geometrie besaß (weil das Flugzeug keine Bomben mehr werfen mußte) und eine größere Spannweite. Das Abfluggewicht stieg weiter steil an, so daß letztlich aus der Ju 90 V7 ein neues Flugzeug hervorging – die Ju 290. Dieses Flugzeug war doppelt so schwer, hatte einen neu konstruierten Flügel mit modernem inneren Aufbau, einen längeren Rumpf, eine große Transportklappe, die sogar im Fluge geöffnet werden konnte und über die Lasten abgeworfen werden konnten. Zuladung und Reichweite wurden verdoppelt. Das höhere Gewicht wurde durch doppelt so starke Motoren (BMW 801D mit 1.700 PS) ausgeglichen. Durch das hohe Fluggewicht blieb allerdings die Höchstgeschwindigkeit bei 450 km/h hängen.

Nach dem Krieg hätte die Ju 290 als respektables Langstreckenflugzeug eine wichtige Rolle in Europa spielen können (Druckkabine, hohe Reisegeschwindigkeit von 450 km/h, sehr gute Blindflugeigenschaften), aber das zehnjährige Flugzeugbauverbot schoben dem einen Riegel vor.

(ausführlich in Holger Lorenz: "Kennzeichen Junkers" auf den Seiten 72 bis 119)

 

Technische Daten Ju 90/001: Verwendung: Langstreckenflugzeug für
40 bis 50 Passagiere;
Motor: 4 x BMW 132H mit je 830 PS;
Startmasse: 24.000 kg; Rüstmasse: 14.300 kg; Zuladung: 9.700 kg;
Spannweite: 35,02 m; Flügelfläche: 184 qm; Länge: 26,3 m; Höhe: 7,5 m;
Höchstgeschw.: 350 km/h; Reisegschw.: 320 km/h; Landegeschw.: 109 km/h;
Gipfelhöhe: 5.500 m; Steigleistung: 2,8 m/s; Reichweite: 1.540 - 3.000 km